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vom 06.04.2022, aktuelle Version,

Sektion Donauland

Sektion Donauland
Gründung 1921 in Wien, Österreich
Sitz Wien, Österreich ()
Auflösung 1976
Antisemitisches Schild an den Hütten des DOeAV in den 1930er Jahren
Gedenktafel Friesenberghaus

Die Sektion Donauland war eine 1921 insbesondere von jüdischen Bergsteigern in Wien gegründete Sektion des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins (DÖAV). Sie wurde 1924 nach dem Ausschluss aus dem DÖAV in den Alpenverein Donauland umgewandelt. Ihr gehörte neben der Glorer Hütte in der Glocknergruppe und dem Obertauernhaus[1][2] auch die 1931 fertiggestellte Schutzhütte Friesenberghaus in den Zillertaler Alpen.

Geschichte

Die Sektion entstand aufgrund der antisemitischen Ausrichtung von großen Teilen des DÖAV. Eduard Pichl, der Vorsitzende der Wiener Sektion Austria, setzte 1921 einen sogenannten Arierparagraphen in seiner Sektion durch. Daraufhin wurde im gleichen Jahr die neue Sektion Donauland gegründet, in der sich viele ausgeschlossene Bergsteiger sammelten, unter anderem Viktor Frankl, Fred Zinnemann und Joseph Braunstein. Erster Vorsitzender der Sektion Donauland wurde der bekannte Bergsteiger und mit einer Jüdin verheiratete Karl Hanns Richter.[3] Im Dezember 1924 gelang es der rechtsradikalen Seite, die Sektion Donauland auf einer außerordentlichen Hauptversammlung mit fadenscheinigen Gründen aus dem DÖAV auszuschließen.[4] Der Widerstand seitens anderer Alpenvereinssektionen war nur schwach. Lediglich die Sektionen Aachen, Barmen, Berlin, Essen, Frankfurt am Main, Gelsenkirchen, Gummersbach, Leipzig, Mainz, Marburg, Zwickau und Gleiwitz (von insgesamt über 300) versuchten, den Ausschluss zu verhindern. Die Sektion Donauland wurde daher 1925 von ihren Mitgliedern in den Alpenverein Donauland umgewandelt.[5]

Aus Solidarität und zur Unterstützung von Donauland gründeten auch 600 Berliner Bergsteiger einen neuen Verein, den Deutschen Alpenverein Berlin, der von 1928 bis 1931 zusammen mit Donauland das Friesenberghaus plante und errichtete. 1934 verboten die Nationalsozialisten den Berliner Verein, der das Friesenberghaus zuvor noch der Donauland überschrieben hatte. Kurz nach dem „Anschluss Österreichs“ wird 1938 auch Donauland von der GeStaPo aufgelöst. Die deutsche Wehrmacht beschlagnahmte daraufhin das Friesenberghaus und die Glorer Hütte wurde dem nun nationalsozialistisch gelenkten Deutschen Alpenverein übereignet.[6][7]

1945 wurde der Alpenverein Donauland von wenigen überlebenden und zurückgekehrten Mitgliedern wiedergegründet, und der Besitz der Glorer Hütte und des Friesenberghauses erfolgreich eingeklagt. Das Friesenberghaus war 1945 jedoch vollständig ausgeplündert worden, und die etwa 120 der ehemals rund 3000 Mitglieder des Vereins waren danach nicht mehr in der Lage, das Friesenberghaus wie auch die Glorer Hütte auf Dauer zu erhalten. Das Friesenberghaus wurde schließlich 1968 der Sektion Berlin und die Glorer Hütte der Sektion Eichstätt des DAV übereignet. Der Alpenverein Donauland löste sich ein Jahr nach dem Tod Karl Hanns Richters im Mai 1976 auf.[8]

2003 erfolgte eine grundlegende Sanierung und Erweiterung des Friesenberghauses zu einer internationalen Begegnungsstätte gegen Intoleranz und Hass.[9]

Am 6. Dezember 2002 gedachte die Sektion Austria im Rahmen einer Veranstaltungsreihe zur Vergangenheitsaufarbeitung ihres ehemaligen (ab 1910 agierenden, 1921 Eduard Pichl weichenden) Sektionsvorsitzenden Josef Donabaum, der 1922 sein seit 1921 ausgeübtes Mandat als dritter Vorsitzender des DÖAV entnervt von persönlichen Angriffen niedergelegt hatte. Anlassbezogen wurde die von der Sektion Austria am Alpenvereinshaus in Wien angebrachte Gedenktafel „Gegen Hass und Intoleranz, 1921–1945“ enthüllt.[10]

Literatur

  • Martin Achrainer: „So, jetzt sind wir ganz unter uns!“ Antisemitismus im Alpenverein (PDF), in: Hanno Loewy, Gerhard Milchram: Hast Du meine Alpen gesehen? Eine jüdische Beziehungsgeschichte, Hohenems/Wien 2009, ISBN 978-3-902679-41-3
  • Rainer Amstädter: Antisemitismus in den alpinen Vereinen Wiens von ihren Anfängen bis zum Ende des Ersten Weltkrieges. Die politische Dimension des Alpinismus im Spiegelbild der Vereinsgeschichte der ‚großen Fünf‘ von Wien: Sektion Austria des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins, Österreichischer Touristenklub, Österreichischer Alpenklub, Österreichischer Gebirgsverein, Touristenverein „Die Naturfreunde“, sowie der Akademischen Sektion Wien des DÖAV, der Sektion Wien des DÖAV und der alpinen Gesellschaft „d’ Reichensteiner“. Diplomarbeit. Universität Wien, Wien 1992, OBV.
  • Berg. Alpenvereinsjahrbuch 2008. Alpenverein, München/Innsbruck/Bozen 2008, DNB, OBV.
  • Helmuth Zebhauser: Alpinismus im Hitlerstaat. Gedanken, Erinnerungen, Dokumente. 1. Auflage. Dokumente des Alpinismus, Band 1. Bergverlag Rother, München 1998, ISBN 978-3-7633-8102-9. (Leseprobe (Memento vom 9. August 2014 im Internet Archive))
  • Hanno Loewy: Sektion Donauland. In: Dan Diner (Hrsg.): Enzyklopädie jüdischer Geschichte und Kultur (EJGK). Band 5: Pr–Sy. Metzler, Stuttgart/Weimar 2014, ISBN 978-3-476-02505-0, S. 420–425.

Einzelnachweise

  1. Gedenkstättenforum: Gedenkstättenforum – Rundbrief. Abgerufen am 30. Juli 2018 (deutsch).
  2. Deutscher Alpenverein e.V. (DAV): DAV-Haus modernisiert – Hütten & Touren – Deutscher Alpenverein (DAV). (alpenverein.de [abgerufen am 30. Juli 2018]).
  3. Notizen. (…) Sektionsleitung. In: Nachrichten der Sektion „Donauland“ des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins, Jahrgang 1921, Heft 1, S. 10. (Online bei ANNO).
  4. Die Außerordentliche Hauptversammlung des Deutschen und Oesterreichischen Alpenvereins zu München (14. Dezember 1924). In: Nachrichten der Sektion „Donauland“ des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins, Jahrgang 1925, Nr. 42, S. 7. (Online bei ANNO).
  5. Gründung eines unpolitischen Alpenvereins in Berlin. In: „Donauland-Nachrichten“. (Früher: Nachrichten der Sektion „Donauland“ des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins), Jahrgang 1925, Nummer 46, S. 83. (Online bei ANNO,
    Berg. Alpenvereinsjahrbuch 2008, S. 216 ff.)
  6. Sepp Haidenberger: Geschichte der Glorer Hütte (Memento vom 29. Oktober 2013 im Internet Archive). In: dav-eichstaett.de, 11. März 2012, abgerufen am 7. März 2014.
  7. Roman Tschiedl: Friesenberghaus, Tirol, aus der Reihe Hundert Häuser - Die Republik Österreich im Spiegel ihrer Architektur, Radio Ö1, 5. September 2018
  8. Deutscher Alpenverein und Oesterreichischer Alpenverein: Ausgeschlossen. Jüdische Bergsportler und der Alpenverein., 2012
  9. Th. Zadow, B. Schröder, K. Kundt: Faltblatt zum Friesenberghaus. Deutscher Alpenverein Berlin, 2003. In: dav-berlin.de, 27. Dezember 2006. Online, abgerufen am 7. März 2014.
  10. red: Gegen Hass und Intoleranz. Sektion Austria des OeAV enthüllt Gedenktafel. In: DAV Panorama. Heft 2/2003. DAV, München 2003, ZDB-ID 2589886-3, S. 20. Online (PDF; 3 MB).

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Gedenktafel im Friesenberghaus Eigenes Werk Whgler
CC BY-SA 3.0
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Schild an den Hütten des DOeAV zur Ausgrenzung von Juden http://www.unikum.ac.at/001_PROJEKTE_2011_FI/GLOBINA_ALLGEM/2_Juden_nicht_erwuenscht.jpg Autor/-in unbekannt Unknown author
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