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vom 19.03.2022, aktuelle Version,

Christopher Clark

Christopher M. Clark (2019)

Sir Christopher Munro Clark (* 14. März 1960 in Sydney) ist ein in Großbritannien lebender australischer Historiker.

Christopher Clark lehrt als Professor für Neuere Europäische Geschichte am St. Catharine’s College in Cambridge und arbeitet als Regius Professor of History an der University of Cambridge. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Geschichte Preußens und der Erste Weltkrieg. In seinem 2012 veröffentlichten Werk The Sleepwalkers relativierte er die These von der Hauptverantwortlichkeit des Deutschen Reiches am Ersten Weltkrieg. Für seine Verdienste um die anglo-deutschen Beziehungen wurde Clark 2015 von Elisabeth II. zum Ritter geschlagen.

Leben und Werk

Nach der Primarschule besuchte Christopher M. Clark von 1972 bis 1978 die Sydney Grammar School. Er studierte Geschichte von 1979 bis 1985 an der Universität Sydney, 1985 bis 1987 an der Freien Universität Berlin und von 1987 bis 1991 am Pembroke College der University of Cambridge, wo er 1991 mit einer Arbeit zum Verhältnis von Juden und Protestanten im Preußen des 18. und 19. Jahrhunderts zum Ph.D. promoviert wurde. Clark ist seit 1991 Fellow des St Catharine’s College in Cambridge und derzeitiger Director of Studies in History. 2003 wurde er University Lecturer und 2006 Reader für Neuere Europäische Geschichte. Seit 2008 lehrt er als Professor für Neuere Europäische Geschichte an der University of Cambridge. 2014 wurde er an der University of Cambridge zum Regius Professor of History ernannt, als Nachfolger von Richard J. Evans.[1]

Clark ist Experte für preußische Geschichte. Seine besonderen Forschungsschwerpunkte sind dabei die Geschichte des Pietismus und des Judentums in Preußen, der Kulturkampf in Deutschland und die Kulturkämpfe in Europa sowie das Verhältnis von Religion und modernem Staat. Clark ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft zur Geschichte Preußens, zudem seit 2009 Mitglied der Preußischen Historischen Kommission und seit 2010 Mitglied des German Historical Institute London und der Otto-von-Bismarck-Stiftung in Friedrichsruh.

Clark auf dem Göttinger Historikertag 2014 in einer Diskussion mit Gerd Krumeich (rechts) über den Ersten Weltkrieg (mit Moderator Johannes Paulmann, Mitte)

Für sein Buch Preußen. Aufstieg und Niedergang 1600–1947,[2] die deutsche Übersetzung seines im Jahr 2006 vorgelegten Buches Iron Kingdom. The Rise and Downfall of Prussia 1600–1947, wurde ihm 2007 der renommierte Wolfson Prize verliehen. Im März 2007 war es auf Platz 1 der Sachbücher des Monats. 2010 wurde er außerdem für diese Darstellung mit dem Preis des Historischen Kollegs ausgezeichnet. Clark ist damit der erste Preisträger aus dem nicht-deutschsprachigen Ausland. Seine in 17 Kapiteln und auf 800 Seiten vertretene Hauptthese ist, dass Deutschland „nicht die Erfüllung Preußens [war], sondern sein Verderben“.[3] Der Kulturkampf sei zwar in Preußen durch besondere Schärfe und Radikalität geprägt gewesen, doch betont Clark vielfach die Normalität Preußens im europäischen Zusammenhang. Dadurch widerspricht er auch der Sonderwegsthese. Die von der älteren Forschung viel gelobten preußischen Reformen zu Anfang des 19. Jahrhunderts werden von ihm nüchterner beurteilt. Außerdem bezweifelt er die viel gerühmte Bedeutung des Deutschen Zollvereins. Seine Biographie über Kaiser Wilhelm II., die in vielerlei Hinsicht einen Gegenentwurf zu der negativen Darstellung John C. G. Röhls darstellt, fand in der Fachwelt ebenfalls große Anerkennung.

Clark stellt in seinem Buch zum Ersten Weltkrieg, The Sleepwalkers: How Europe Went to War in 1914, das 2013 in deutscher Übersetzung erschien (Die Schlafwandler. Wie Europa in den Ersten Weltkrieg zog), die bislang in der Forschung vorherrschende These von einer besonderen Kriegsschuld des Deutschen Kaiserreichs infrage und zeichnet die Mechanismen nach, die zum Beginn des Krieges führten.[4] Der Krieg sei Clark zufolge keineswegs unausweichlich gewesen, die Risiken der jeweils verfolgten Strategie seien in den beteiligten Ländern aber nicht abgewogen oder adäquat erkannt worden. Clarks Buch stieß auf eine breite Resonanz und wurde kontrovers diskutiert. Das Werk erlebte innerhalb von fast zwei Jahren neunzehn Auflagen und wurde in vier Sprachen übersetzt.[5] Es belegte Platz 1 der Spiegel-Bestsellerliste vom 30. September bis zum 24. November 2013.

Clark ist ein vielfach geehrter Wissenschaftler. Seit 2010 ist er Fellow der British Academy. Im Jahre 2013 wurde Clark von der „Gerd und Irmela Biegel Stiftung für Geschichtsvermittlung“ und der TU Braunschweig der Braunschweiger Geschichtspreis verliehen,[6] der erstmals vergeben wurde und mit 3000 Euro dotiert ist.[7] Im Frühjahr 2013 wurde ihm der Bruno-Kreisky-Preis für das politische Buch für sein Werk Die Schlafwandler verliehen.[8] Im November 2014 erhielt er den Arenberg-Preis.[9] Ein Jahr später wurde er für seine „Verdienste um die britisch-deutschen Beziehungen“ zum Ritter geschlagen.[10] Ebenfalls 2015 wurde er korrespondierendes Mitglied der philosophisch-historischen Klasse im Ausland der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.

Im Jahre 2014 wurde Clark eingeladen, die Festrede zur Eröffnung der Salzburger Festspiele zu halten. Im Herbst 2014 übernahm er für das ZDF die Moderation in der sechsteiligen Dokumentationsreihe Deutschland-Saga zur Geschichte Deutschlands. 2016 strahlte das ZDF schon die zweite Terra-X-Reihe mit ihm aus, denn die zweiteilige Australiensaga moderierte der gebürtige Australier ebenfalls.[11] 2017 moderierte Clark eine sechsteilige Europa-Saga und 2020 eine sechsteilige Welten-Saga.

In dem 2019 eskalierten Streit um die Entschädigungsforderungen der Hohenzollern gegenüber der Bundesrepublik Deutschland erstellte Clark 2011 eines von vier Historiker-Gutachten (neben Stephan Malinowski, Wolfram Pyta und Peter Brandt) zu der Frage, welchen Anteil der letzte preußische Kronprinz bei der Errichtung der nationalsozialistischen Diktatur habe, und ob das Haus Hohenzollern somit Ansprüche auf Lastenausgleich für nach 1945 enteigneten Besitz in der Sowjetischen Besatzungszone verwirkt habe. Clarks Gutachten kam – anders als Brandt und Malinowski – zu dem Ergebnis, Kronprinz Wilhelm habe dem nationalsozialistischen System keinen erheblichen Vorschub geleistet. Er sprach vielmehr von der „Unfähigkeit des Kronprinzen, in einem komplexen und sich schnell verändernden politischen Umfeld effektiv zu handeln“.[12] Clark hat sein Urteil jedoch revidiert.[13] Jan Böhmermann hat die bis dahin geheim gehaltenen Gutachten im November 2019 für seine Show Neo Magazin Royale im Internet veröffentlicht.[14]

Clark ist mit der deutschen Kunsthistorikerin Nina Lübbren verheiratet. Sie haben zwei Söhne. Lübbren lehrt an der Anglia Ruskin University.[15]

Schriften (Auswahl)

Literatur

Commons: Christopher Clark  – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen

  1. Pressemitteilung des Prime Minister’s Office, 10 Downing Street: Regius Professor of History, Cambridge University: Christopher Clark vom 17. Juli 2014.
  2. Vgl. dazu die Besprechungen von Winfrid Halder in: Neues Archiv für sächsische Geschichte 78 (2007), S. 413–417; Jürgen Luh in: sehepunkte 8 (2008), Nr. 6 [15. Juni 2008], (online).
  3. Christopher Clark: Preußen. Aufstieg und Niedergang. 1600–1947. Bonn 2007, S. 13.
  4. Andreas Kilb: Die Selbstzerstörung Europas. Buchbesprechung, faz.net, 9. September 2013, abgerufen am 4. Dezember 2016. Berthold Seewald: „Besessen von der deutschen Kriegsschuld“. In: WELT.de, 25. Oktober 2013, abgerufen am 4. Dezember 2016; Annika Mombauer: Julikrise und Kriegsschuld – Thesen und Stand der Forschung. In: Aus Politik und Zeitgeschichte 64 (2014), H. 16/17, S. 10–17 (online, abgerufen am 19. Juli 2017).
  5. Jürgen Angelow: Aktuelle Darstellungen und Perspektiven zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs. In: Historisches Jahrbuch 135 (2015), S. 569–583, hier S. 580.
  6. Harald Duin: Gleich Schlafwandlern in den Krieg. In: Braunschweiger Zeitung vom 15. Oktober 2013.
  7. Uwe Meier: Dr. h. c. Gerd Biegel auf dünnem Eis. In: Braunschweig-Spiegel.de, 25. Oktober 2013; Erstmalig Verleihung des »Braunschweiger Geschichtspreis«, 14.10.2013. »Braunschweiger Geschichtspreis« geht an Prof. Dr. Christoph Clark. In: TourismusRegion BraunschweigerLAND e. V., abgerufen am 24. November 2016.
  8. Kreisky-Preis-TrägerInnen 2013
  9. Arenberg-Stiftung:XII. Verleihung der Arenbergpreise für Geschichte, 14 November 2014.
  10. Patrick Bahners: Ein Ritter mit Fremdsprachenkenntnis. Hurrapatrioten und Europäer: Weshalb England den Historiker Christopher Clark ehrt. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20. Juni 2015, Nr. 140, S. 12.
  11. Zweites Deutsches Fernsehen (ZDF): Australien-Saga Abgerufen am 29. Januar 2022.
  12. Hat Kronprinz Wilhelm dem nationalsozialistischen System erheblichen Vorschub geleistet?, Gutachten ohne Datum, abgerufen am 15. Dezember 2019
  13. Patrick Bahners: Regierung und Hohenzollern. Strategie des unkalkulierten Risikos. In: FAZ.NET, 7. Oktober 2020; Andreas Fanizadeh: Preußen-Historiker Clark rudert zurück. Kampf um das Tafelsilber taz.de, 12. Dezember 2020.
  14. hohenzollern.lol, abgerufen am Tag der Veröffentlichung; Andreas Kilb: Alles ans Licht. Böhmermanns Coup gegen die Hohenzollern. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19. November 2019, Nr. 269, S. 9 (online).
  15. Nina Lübbren, bei Anglia Ruskin University.

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Historikertag 2014 in Göttingen. Das Bild zeigt von links nach rechts: Christopher Clark, Johannes Paulmann, Gerd Krumeich. Eigenes Werk Ziko
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Historiker und Moderator Christopher Clark für die ZDF-Sendung Terra X Eigenes Werk ZDF, Tobias Schult
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Christopher Munro Clark (2022) Eigenes Werk Mozamaniac
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