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vom 15.06.2020, aktuelle Version,

Alexander Demandt

Alexander Demandt (* 6. Juni 1937 in Marburg) ist ein deutscher Althistoriker, der vor allem über Römische Geschichte und Römische Kulturgeschichte sowie über geschichtstheoretische Themen publiziert. Er lehrte von 1974 bis 2005 als Professor für Alte Geschichte am Friedrich-Meinecke-Institut der Freien Universität Berlin.

Leben und Wirken

Der Sohn des hessischen Landeshistorikers und Archivars Karl Ernst Demandt studierte Geschichte und Lateinische Philologie in Tübingen, München und Marburg. Seine akademischen Lehrer waren Joseph Vogt, Karl Friedrich Stroheker, Wolfgang Schadewaldt, Fritz Taeger, Karl Christ und Christian Habicht. 1964 wurde Alexander Demandt bei Habicht mit der Dissertation Zeitkritik und Geschichtsbild bei Ammianus Marcellinus promoviert. Als Assistent an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt am Main erhielt er 1964/65 das Reisestipendium des Deutschen Archäologischen Instituts. 1966 wurde er Assistent an der neu gegründeten Universität Konstanz, 1970 erfolgte dort seine Habilitation mit einer Arbeit zum Thema Magister militum.

Demandt war von 1974 bis 2005 Professor für Alte Geschichte am Friedrich-Meinecke-Institut der Freien Universität Berlin. Der Schwerpunkt seiner Arbeit lag in den Bereichen der römischen Welt und in der Spätantike, außerdem beschäftigt er sich mit dem Phänomen des Niedergangs in der Geschichte, Kulturvandalismus, Geschichtstheorie, Geschichtsphilosophie und Wissenschaftsgeschichte. 1992 publizierte Demandt zusammen mit seiner Ehefrau Barbara Mitschriften aus Vorlesungen des Historikers Theodor Mommsen über die römische Kaiserzeit, die er in einem Nürnberger Antiquariat gefunden hatte.[1] Seine letzte Vorlesung im Amt hielt er am 14. Juli 2005. Im Jahr 2003 wurde Demandt mit dem Ausonius-Preis ausgezeichnet, 2008 erhielt er den Kulturpreis des Wetteraukreises. Er ist seit 1990 Korrespondierendes Mitglied des Deutschen Archäologischen Instituts sowie seit 2000 Korrespondierendes Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Seit 2007 hatte Alexander Demandt mehrere Fernsehauftritte als Experte in der von Guido Knopp geleiteten und moderierten Fernseh-Dokumentationsreihe ZDF-History.

Im November 2012 trat Alexander Demandt mit einer Festrede bei der Eröffnung der Bibliothek des Konservatismus in Berlin auf.[2] Diese Einrichtung gehört mit ihrem Bestand an schwerpunktmäßig konservativer und rechtskonservativer Literatur nach Einschätzung von Wissenschaftlern[3][4] zu einem Netzwerk der Neuen Rechten. Aus Anlass der Flüchtlingskrise in Europa ab 2015 bestellte die von der Konrad-Adenauer-Stiftung getragene Zeitschrift Die Politische Meinung bei Demandt einen Artikel über den Untergang des Römischen Reichs, den er auf die gescheiterte Integration von barbarischen Flüchtlingen zurückführte. Die Redaktion lehnte daraufhin den Abdruck des eingereichten Manuskripts ab, weil sie befürchtete, Demandts Darstellung könne „in der aktuellen politischen Situation missinterpretiert werden“. Der Artikel erschien daraufhin ungekürzt unter anderem in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.[5] Von fachwissenschaftlicher Seite wurde teils kritisiert, dass der Beitrag nicht dem aktuellen althistorischen Forschungsstand zur „Völkerwanderung“ entspreche.

Demandt ist zusammen mit Max Otte, David Engels, Gerd Morgenthaler und Robert W. Merry Mitglied im Präsidium der 2017 gegründeten internationalen Oswald Spengler Society.[6]

Demandt ist der Vater des Kunsthistorikers Philipp Demandt. Er wohnt in Lindheim in einem Haus, das 1921 sein Großvater kaufte.[7]

Schriften in Auswahl

Monographien

  • Zeitkritik und Geschichtsbild im Werk Ammians (= Habelts Dissertationsdrucke. Reihe Alte Geschichte: Heft 5, ISSN 0072-9175). Habelt, Bonn 1965.
  • Verformungstendenzen in der Überlieferung antiker Sonnen- und Mondfinsternisse. Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Mainz 1970. (online)
  • Metaphern für Geschichte. Sprachbilder und Gleichnisse im historisch-politischen Denken. C. H. Beck, München 1978, ISBN 3-406-04696-7.
  • Der Fall Roms. Die Auflösung des römischen Reiches im Urteil der Nachwelt. C. H. Beck, München 1984, ISBN 3-406-09598-4.
  • Ungeschehene Geschichte. Ein Traktat über die Frage: Was wäre geschehen, wenn ...? (= Kleine Vandenhoeck-Reihe 1501). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1984, ISBN 3-525-33499-0 (mehrere Neuauflagen, zuletzt: ebenda 2011, ISBN 978-3-525-30020-6; online).
  • Die Spätantike. Römische Geschichte von Diocletian bis Justinian. 284 – 565 n. Chr. (= Handbuch der Altertumswissenschaft. Abteilung 3: Alter Orient, Griechische Geschichte, Römische Geschichte. Teil 6). C. H. Beck, München 1989, ISBN 3-406-07992-X (2. vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. ebenda 2007, ISBN 978-3-406-55993-8).
  • Endzeit? Die Zukunft der Geschichte. Siedler, Berlin 1993, ISBN 3-88680-478-X.
  • Der Idealstaat. Die politischen Theorien der Antike. Böhlau, Köln u. a. 1993, ISBN 3-412-00892-3 (3., durchgesehene Auflage. ebenda 2000, ISBN 3-412-09899-X).
  • Antike Staatsformen. Eine vergleichende Verfassungsgeschichte der Alten Welt. Akademie-Verlag, Berlin 1995, ISBN 3-05-002794-0.
  • Das Privatleben der römischen Kaiser. C. H. Beck, München 1996, ISBN 3-406-40525-8 (2., völlig überarbeitete und erweiterte Neuauflage. ebenda 1997, ISBN 3-406-42509-7; 1. Auflage. (in der Beck’schen Reihe (= Beck’sche Reihe 1746)). ebenda 2007, ISBN 978-3-406-54774-4).
  • Geschichte der Geschichte. Wissenschaftshistorische Essays (= Historica minora. Bd. 1). Böhlau, Köln u. a. 1997, ISBN 3-412-15096-7.
  • Vandalismus. Gewalt gegen Kultur. Siedler, Berlin 1997, ISBN 3-88680-624-3.
  • Geschichte der Spätantike. Das Römische Reich von Diocletian bis Justinian 284 – 565 n. Chr. C. H. Beck, München 1998, ISBN 3-406-44107-6 (gekürzte Fassung von Die Spätantike, 1989; 2., vollständig bearbeitete und erweiterte Auflage. ebenda 2008, ISBN 978-3-406-57241-8).
  • Die Kelten (= Beck’sche Reihe 2101 C. H. Beck Wissen). C. H. Beck, München 1998, ISBN 3-406-43301-4 (7., durchgesehene Auflage. ebenda 2011, ISBN 978-3-406-44798-3).
  • Hände in Unschuld. Pontius Pilatus in der Geschichte. Böhlau, Köln u. a. 1999, ISBN 3-412-01799-X (Lizenzausgabe: (= Herder-Spektrum 4990). Herder, Freiburg im Breisgau u. a. 2001, ISBN 3-451-04990-2).
  • Sternstunden der Geschichte. C. H. Beck, München 2000, ISBN 3-406-46649-4 (mehrere Neuauflagen, zuletzt: Limitierte Sonderausgabe. (= Beck’sche Reihe 4060). ebenda 2008, ISBN 978-3-406-57732-1).
  • Über allen Wipfeln. Der Baum in der Kulturgeschichte. Böhlau, Köln u. a. 2002, ISBN 3-412-13501-1 (auch: Albatros, Düsseldorf 2005, ISBN 3-491-96140-8; 2., überarbeitete und erweiterte Auflage unter dem Titel Der Baum. Eine Kulturgeschichte. Böhlau, Köln u. a. 2014, ISBN 978-3-412-22217-8).
  • Zeit und Unzeit. Geschichtsphilosophische Essays (= Historica minora. Bd. 2). Böhlau, Köln u. a. 2002, ISBN 3-412-16501-8.
  • Apseudestata. Aphorismen zur Logik des Lebens. BWV – Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2006, ISBN 3-8305-1190-6.
  • Kleine Weltgeschichte. C. H. Beck, München 2003, ISBN 3-406-50821-9 (mehrere Neuauflagen, zuletzt: 4. Auflage. (= Fischer 16721). Fischer-Taschenbuchverlag, Frankfurt am Main 2011, ISBN 978-3-596-16721-0).
  • Sieben Siegel. Essays zur Kulturgeschichte (= Historica minora. Bd. 3). Böhlau, Köln u. a. 2005, ISBN 3-412-20305-X.
  • Über die Deutschen. Eine kleine Kulturgeschichte. Propyläen, Berlin 2007, ISBN 978-3-549-07294-3 (3., durchgesehene Auflage. ebenda 2009).
  • Alexander der Große. Leben und Legende. C. H. Beck, München 2009, ISBN 978-3-406-59085-6.
  • Es hätte auch anders kommen können. Wendepunkte deutscher Geschichte. Propyläen, Berlin 2010, ISBN 978-3-549-07368-1.
  • Philosophie der Geschichte. Von der Antike zur Gegenwart. Böhlau, Köln u. a. 2011, ISBN 978-3-412-20757-1.
  • Pontius Pilatus. C. H. Beck, München 2012, ISBN 978-3-406-63362-1.
  • Zeitenwende. Aufsätze zur Spätantike. De Gruyter, Berlin 2013, ISBN 978-3-11-029461-3.
  • Zeit. Eine Kulturgeschichte. Propyläen, Berlin 2015, ISBN 978-3-549-07429-9.
  • Marc Aurel. Der Kaiser und seine Welt. C. H. Beck, München 2018, ISBN 978-3-406-71874-8.

Herausgeberschaften

Literatur

  • Wer ist wer? Das deutsche Who’s Who. XLVII. Ausgabe 2008/2009, S. 216
  • Patrick Bahners: Er wollte von den Wundern des Jahres 2000 lesen. Ungeschehene Geschichte erweitert den Phantasiehorizont: Der Althistoriker Alexander Demandt wird achtzig. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 6. Juni 2017, Nr. 129, S. 14.
  • Andreas Goltz, Andreas Luther und Heinrich Schlange-Schöningen (Hgg.): Gelehrte in der Antike. Alexander Demandt zum 65. Geburtstag. Böhlau, Wien, Köln, Weimar 2002, ISBN 978-3-412-02802-2; Rezension in: sehepunkte Ausgabe 3 (2003), Nr. 10

Anmerkungen

  1. Andreas Müggenburg: In: Karl Christ: Zum Caesarbild der faschistischen Epoche. Reden zur Ehrenpromotion, FU Berlin (Hrsg. Presse- und Informationsstelle der Freien Universität Berlin) Berlin 1993, S. 30.
  2. Heimo Schwilk: Der wahre Konservative. In: Die Welt, 26. November 2012, Nr. 277, S. 21.
  3. Samuel Salzborn: Rechtsextremismus: Erscheinungsformen und Erklärungsansätze. 2., aktualisierte und erweiterte Auflage, Baden-Baden 2015, S. 59 f.
  4. Gideon Botsch, Christoph Kopke, Alexander Lorenz: Wie agiert die „Alternative für Deutschland“ vor Ort? Das Fallbeispiel Brandenburg. In: Andreas Zick, Beate Küpper: Wut, Verachtung, Abwertung. Rechtspopulismus in Deutschland. Hrsg. für die Friedrich-Ebert-Stiftung von Ralf Melzer und Dietmar Molthagen. Bonn 2015, S. 146–166, hier: S. 163.
  5. Alexander Demandt: Untergang des Römischen Reiches. Das Ende der alten Ordnung. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23. Januar 2016
  6. https://www.oswaldspenglersociety.com/
  7. Klaus Nissen: Historiker Alexander Demandt zur Zuwanderung. Ghettos verhindern (Memento vom 29. Dezember 2015 im Internet Archive). In: Frankfurter Neue Presse, 29. Dezember 2015.

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