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Inge Fasan: 10.000 Schritte in Wien#

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Inge Fasan: 10.000 Schritte in Wien. Zum Gehen verführt. Mit Fotos von Lukas Lorenz. Kneipp Verlag Wien. 208 S., ill., € 24-

Das Hobby der Autorin Inge Fasan klingt ungewöhnlich: Sie ist Promenadologin. Dahinter verbergen sich die Lust am Spazierengehen und die Leidenschaft, im Vorbeigehen Geschichte(n) zu entdecken. Ihr Buch stellt 15 Routen vor. Nun gibt es bereits viele Bücher über Spaziergänge durch Wien und unzählige Wanderführer, aber dieser ist anders - originell wie die Bezeichnung des Hobbys der Autorin.

Die Empfehlung, täglich 10.000 Schritte zu gehen, beruht nicht auf wissenschaftlichen Studien. Sie war ein Marketing-Gag. Inge Fasan schreibt, wie es dazu kam: 1964 finden Olympische Sommerspiele in Tokyo statt. Eine japanische Firma nutzte den Sport-Hype und brachte "Manpo-kei" auf den Markt, den 10.000 Schritte-Zähler. Da war sie, die ultimative Zahl zur Aufrechterhaltung unser aller Fitness. … Tatsächlich sind die 10.000 eine gute Richtschnur für die tägliche Bewegungseinheit. Gehen aktiviert, kräftigt, beruhigt, vertreibt Sorgen, schärft die Sinne - und macht einfach glücklich. Und dass dieses Glück in Wien ganz einfach vor der Haustüre wartet, ist einer der vielen Vorteile dieser Stadt.

Die Haustüre der meisten WienerInnen öffnet sich nicht in der City oder den stadtnahen Bezirken. Bedenkt man, dass Spazierengehen in der Natur angenehmer ist als Pflastertreten in der Stadt, wird die Auswahl klar. Favoriten, Simmering, Hietzing, Penzing, Hernals, Währing, Döbling, Floridsdorf und Donaustadt bilden bevorzugte Ziele. Wichtig ist immer auch, dass sie gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen sind. Ganzseitige Pläne zeigen die Routen und als besonderes Service gibt es Einschätzungen punkto Natur, Stadt, Kinder, Buggy und Hunde. In den Texten sind jeweils die Top 5 hervorgehoben, die kurz charakterisiert werden. Die unkonventionellen Fotos von Lukas Lorenz verführen zusätzlich zum Gehen. Kurzbeiträge von ExpertInnen beschäftigen sich mit Meditation, Gehen für alle, Fasten, Zu Fuß-Gehen in Wien und Chinesischer Medizin.

Tour 01,, Die Dörferverbindende, führt von Pötzleinsdorf nach Salmannsdorf, vorbei an der Rudolf-Steiner-Schule, dem "Häuserl am Roan" und der Sebastinanikapelle in Salmannsdorf. Tour 02, Die Vielgestaltige beginnt in der Krieau und endet bei der Donaustadtbrücke. Die Wallfahrtskirche Maria Grün liegt ebenso am Weg wie die Friedenspagode. Nummer 03, Die Rote geht durch den Wienerberg. Wo sich hHeute eines der schönsten Naherholungsgebiete Wiens ausdehnt, befand sich dort im 19. Jahrhundert die größte Ziegelfabrik Europas. Tour 04 nennt die Autorin Die Abwechslungsreiche und charakterisiert sie: Hinauf zum Himmel. Quer durch den Park. Steil auf den Berg. Start ist die Endstation des 43-ers in der Alszeile. Es mag erstaunen, dass auch Großfeld- und Nordrandsiedlung beschrieben werden, und zwar auf Tour 05 (Die Nördliche).

Tour 06, Die Nostalgische, befindet sich ebenfalls in Transdanubien. Donauturm und Donaupark entstanden vor fast 60 Jahren im Zuge der "WIG 64". Ein Jahrzehnt jünger ist das Vienna International Centre ("UNO-City", 1973–1979). 1983 feierte Johannes Paul II. im Donaupark eine Messe mit 350.000 Gläubigen. Das Papstkreuz erinnert daran. Tour 07, Die Entschleunigende, ist ein Spaziergang rund um das Mühlwasser: Plätschern im Ohr. Wasservögel im Blick. Ruhe im Herzen. Die achte Route, Die Klassische, liegt am anderen Donauufer. Man wandert von Nussdorf über den Leopoldsberg ins Kahlenbergerdorf. Stadtnah wird es hingegen auf Tour 09, Die Demonstrative. Sie bietet Revolutionäres Gehen. Bourgouises Flanieren. Geschäftiges Treiben zwischen Praterstern und dem Platz der Menschenrechte bei der Bellaria-Kreuzung. Über den Satzberg und die Jubiläumswarte auf die Steinhofgründe wandert man auf Tour 10 (Die Erhabene). Hier wirkte der geniale Architekt Otto Wagner. Seine Kirche am Steinhof ist ein Meisterwerk des Jugendstils. Seine Villa in der Hüttelbergstraße fand mit dem Ernst-Fuchs-Museum einen würdigen Nachfolger.

In Tour 11 ("Die Grenzüberschreitende") geht es an den Stadtrand: von Stammersdorf über den Bisamberg nach Langenzersdorf. Die Sehenswürdigkeiten umfassen die Kellergasse ebenso wie das Museum mit Werken von Anton Hanak und Siegfried Charoux. An das andere Ende Wiens gelangt man auf Tour 12 (Die Wiesenreiche), von den Hütteldorfer Wiesen über die Werkbundsiedlung zur Friedensstadt. Die 1932 eröffnete Werkbundsiedlung vereint 70 Häuser von 33 Architekten. Die Siedlung Friedensstadt geht auf ein Konzept von Adolf Loos aus den 1920er Jahren zurück. Ihr Denkmal mit der markanten goldenen Kugel erinnert an verdiente Persönlichkeiten des Siedlervereins. Wieder in eine andere Gegend - von Währing nach Döbling - führt Tour 13, Die Bürgerliche. Am Weg liegen die Universitätssternwarte, der Türkenschanzpark, die orientalisch wirkende Zacherlfabrik, die Villa Wertheimstein mit dem Döblinger Bezirksmuseum, aber auch der Karl-Marx-Hof. Tour 14, Die Unbekannte, entdeckt Simmering, wo drei interessante Kirchen (Altsimmeringer und Neusimmeringer katholische Pfarrkirche, Evangelische Glaubenskirche) und die revitalisierten Gasometer zum Besuch einladen. Schließlich entdeckt man auf Tour 15 (Die Vereinende) unter anderem das Arsenal mit dem Funkturm "Alfred" und dem Heeresgeschichtlichen Museum sowie das Hundertwasserhaus. Ins Museum gehen wir ein andermal meint Inge Fasan nach 150.000 Schritten und freut sich: Schön, nach getanen Schritten die Beine ausstrecken zu können.

hmw