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Die Österreicher lieben ihr Schnitzel zu sehr #

"Meat Exhaustion Day": In weniger als fünf Monaten wurde bereits die von Experten empfohlene Jahresmenge Fleisch verzehrt.#


Von der Wiener Zeitung (25. Mai 2023) freundlicherweise zur Verfügung gestellt


Die Tierschutzorganisation Vier Pfoten hat den morgigen Donnerstag zum diesjährigen "Meat Exhaustion Day" für Österreich erklärt: Am 25. Mai ist die "Fleischerschöpfung" eingetreten, denn die von der Österreichischen Gesellschaft für Ernährung empfohlene Jahresration von maximal 23,4 Kilogramm pro Kopf sei mit diesem Tag erreicht. Der durchschnittliche Esser will mehr: 2021 hat Österreichs Bevölkerung statt dieser von der Österreichischen Gesellschaft für Ernährung empfohlenen Menge 58,9 Kilogramm Fleisch pro Kopf konsumiert.

"Alarmierend", nannte die Vier-Pfoten-Kampagnenleiterin Veronika Weissenböck die Menge der von Österreicherinnen und Österreichern konsumierten tierischen Lebensmittel am Mittwoch in einer Aussendung - das Schwein wird mengenmäßig übrigens weiterhin am liebsten gegessen: "Es ist noch nicht mal die Hälfte des Jahres vergangen, trotzdem haben wir unser empfohlenes Kontingent bereits aufgebraucht. Dabei wäre eine Reduktion des Fleischkonsums enorm wichtig, nicht nur aus Tierschutz-, sondern auch aus Umwelt- und gesundheitlichen Gründen."

Nutztierhaltung für 16,5 Prozent der Emissionen verantwortlich#

Die Folgekosten der Nutztierhaltung sind laut der NGO unter anderem, dass sie für 16,5 Prozent der gesamten globalen Treibhausgasemissionen sorgt. "Jedes Jahr werden unglaubliche 80 Milliarden Nutztiere für den menschlichen Verzehr geschlachtet", berichtet die Tierschutzorganisation, somit landen rund zehn Tiere für jeden Erdenbürger auf der globalen Schlachtbank. Der anschließende Verzehr sorge dann auch noch für Wohlstandskrankheiten, denn Übergewicht, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes seinen unter anderem die Folgen des hohen Verbrauchs.

"Wir müssen den hohen Verbrauch unbedingt reduzieren", resümierte die Kampagnenleiterin und wies auf die positiven Folgen hin, die 2022 in einer von Vier Pfoten in Auftrag gegebenen Studie dargestellt wurden. Beispielsweise könnten bei einer Reduktion der genossenen Schnitzel, Frankfurter, Köfte und Cevapcici in Österreich nicht nur die genannten Treibhausgase reduziert werden: Zwei Drittel Reduktion ergäbe sich eine zusätzliche Restfläche von rund 140.000 Hektar. "Diese frei werdende Nutzfläche könnte zum Beispiel für eine Umstellung auf Biolandwirtschaft oder auch für Renaturierung bzw. für das Anlegen von Mooren zur CO2-Speicherung nutzbar gemacht werden", erklärte Weissenböck - und forderte abschließend politische Maßnahmen wie eine Kennzeichnungspflicht von Haltungsform und Herkunft in Handel und Gastronomie oder einen Stopp der "unseligen Rabattaktionen auf Fleisch".

Wie Eiweißversorgung gesichert werden kann#

Unterdessen hat das Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) ermittelt, wie angesichts von Klimakrise, Artensterben und Energieknappheit die Eiweißversorgung in Österreich garantiert werden kann. Die Ergebnisse sind am Mittwoch bei einem Medientermin im Rahmen der Initiative "Mutter Erde" in Wien von Georg Zamecnik geliefert worden, einem Mitautor der Studie. Demnach müsste es einen deutlichen Schwenk hin zu Hülsenfrüchten geben, der Rindfleischanteil sollte schwinden.

Krisensicherheit von Lebensmitteln, Grafik: © APA; Quelle: Greenpeace
Krisensicherheit von Lebensmitteln
Grafik: © APA; Quelle: Greenpeace

Insgesamt 25 eiweißreiche Lebensmittel wurden sowohl auf ihre ökologische Auswirkungen etwa hinsichtlich Klimawirkung oder der benötigten Ackerflächen, sowie auch auf die Importabhängigkeit von Betriebsmitteln wie Futtermittel, Pestizide oder Dünger hin untersucht. Ebenso wurde konventionelle Produktion dem biologischen Anbau gegenüber gestellt und hier schnitt letztgenannte Methode bei der Importabhängigkeit schlechter ab.

Eindeutige Gewinner waren am Ende jedenfalls Soja und biologische Milchprodukte, die kamen bei der kombinierten Bewertung am besten davon. Ganz am Ende landete das Rindfleisch, sowohl biologisch wie auch konventionell produziert ist das Hufentier bei einer zukünftigen Nahrungsmittelversorgung fehl am Platz, geht aus der Studie hervor.

Erstaunlicherweise schnitt jedoch etwa das Biohuhn schlechter ab, als das konventionelle Käfighuhn und fand sich sogar im roten Bereich wieder. "Das ist ein Ausreißer aufgrund der gewählten Indikatoren", lautete die Antwort von Zamecnik auf eine entsprechende Frage. Die Studie nahm nämlich keine Rücksicht auf das Tierwohl an sich. Untersucht wurde die landwirtschaftliche "Urproduktion" bis "kurz vor dem Handel" - auch der Energieverbrauch für die Lagerung beim Supermarkt oder die Bewertung von etwaigem Verpackungsmaterial fielen da raus.

Noch geringer Bedarf an Hülsenfrüchten#

Noch mangelt es an einem wichtigen Faktor, nämlich der Nachfrage vonseiten der Konsumenten, denn laut Statistik Austria sei der Bedarf an Hülsenfrüchten noch gering, tierische Produkte werden weiterhin mehr nachgefragt. Bei der Selbstversorgung könnten die österreichischen Produzenten ein größeres Verlangen auch nicht befriedigen, "die Eigenproduktion würde nur für zwei Tage ausreichen", räumte der Studienautor ein. So kämen die Linsen derzeit aus Kanada, die Bohnen aus China und teilweise aus Frankreich, während die Kichererbsen aus türkischen Schoten stammen.

"Momentan kann man nicht sagen, dass Hülsenfrüchte ausreichend vorhanden sind", lautete daher das Resümee. Für Sebastian Theissing-Matei von Greenpeace Österreich ist das ein Handlungsauftrag an die Regierung, denn während es Tofu oder Sojadrinks aus heimischer Produktion bereits gibt, produziere man "wahnsinnig viel", das uns anfällig für externe Effekte machen würde. Daher müsste das Lebensmittelsystem verändert werden und die Politik müsse dafür sorgen, dass mehr Erbsen und Linsen statt Fleisch in die Regale und auf die Teller kommt.

Laut Theissing-Matei sei die Situation eine ernste, denn Klimakrise, Artensterben, Krieg und hohe Lebensmittelpreise gibt es gegenwärtig bereits und in den kommenden Jahrzehnten werde der Druck durch Dürre und Extremwetter, wie zuletzt wieder im Norden Italiens auch den Druck auf die Lebensmittelversorgung erhöhen.

Warum übrigens Kohlenhydrate oder Fette nicht in der Studie vorkommen, wurde mit "der großen Bedeutung von Proteinen als Teil der menschlichen Ernährung, gepaart mit dem großen Einfluss der (tierischen) Proteinerzeugung auf viele ökologische Aspekte der Nachhaltigkeit" erklärt.

Wiener Zeitung, 25. Mai 2023