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Mythos Puch#

(Eine laufende Erzählung)#

von Martin Krusche

Es liegt in meiner eigenen Biographie begründet, daß ich verschiedene Handlungsfäden zu „Mythos Puch“ gebündelt hab, um das dann konzentrierter zu verfolgen. Ich bin selbst mit Fahrzeugen des Konzerns groß geworden, hab bis heute auch viel darüber geschrieben und einiges davon in Buchform publiziert. Das Thema ist mit der Steiermark auf spezielle Art verwoben.

‎‎2015 in Albersdorf: Benedict Albl, Produzent dieses Albl Phönix von 1902, war einige Zeit ein Arbeitgeber von Johann Puch. (Foto: Martin Krusche)
‎‎2015 in Albersdorf: Benedict Albl, Produzent dieses Albl Phönix von 1902, war einige Zeit ein Arbeitgeber von Johann Puch. (Foto: Martin Krusche)

Die letzten 200 Jahre permanenter technischer Revolution bilden sich mit verblüffendem Detailreichtum in der Geschichte dieses Bundeslandes ab. Durch die Industrialisierung konnten viele Menschen über halbwegs bezahlte Jobs dem dauernden Mangel und vielfachen Elend der agrarischen Welt entkommen. Das wurde nicht gleich ein viel besseres Leben, aber es kam eine atemberaubende Dynamik in Gang.

Vom Keuschlerbuben zum Fabrikanten: Johann Puch, österreichischer Staatsbürger, zugleich ethnischer Slowene (Janez Puh), gilt mit seiner Geschichte als Paradeindustrieller des Landes. Da er Fahrräder produzierte, schließlich Motorräder und Automobile, kurz vor seinem Tod auch noch begonnen hatte, sich mit Flugzeugen zu befassen, erscheint er uns zurecht als exemplarischer Unternehmer jener Ära. Sein Leben war von zwei industriellen Revolutionen geprägt.

Puchs Fahrzeuge erlangten eine unglaubliche Popularität, was viel damit zu tun hat, daß er von Beginn an auch im Rennsport präsent war und sich vorzüglich auf Werbemaßnahmen verstand. Im wuchtigen Kräftespiel wachsender Konzerne quer durch das 20. Jahrhundert wurden die Grazer Puchwerke zum Teil der historischen Steyr-Daimler-Puch AG. Dadurch überlebte der Name, auch als ein Gütezeichen, des Glanz bis in die Gegenwart reicht.

Als nach dem Zweiten Weltkrieg - parallel zur Mechanisierung der Landwirtschaft - eine umfassende Volksmotorisierung einsetzte, erprobte bei uns mehr als eine Generation die individuelle Mobilität auf Fahrzeugen dieses Konzerns. Das konnte einen durch die Jahre begleiten: Fahrrad, Moped, Motorrad oder Motorroller, schließlich ein Auto. Wer seinen Wehrdienst absolvierte, lernte Haflinger, Pinzgauer und Steyr 680 (LKW) kennen, später auch einige den robusten Puch G und größere Steyr LKW.

Pflege der Klassiker und des Handwerks#

Durch eine hochkarätige steirische Szene der Schrauber und Sammler sind Puch-Fahrzeuge im Bereich sogenannter Youngtimer-Treffen heute wieder präsenter denn je. Von den Vorkriegsfahrzeugen sehen wir allerdings nur noch Motorräder, Puch Automobile sind kaum welche erhalten geblieben und entsprechend selten, also äußerst hochpreisig.
‎‎Der 2011er MILA Aerolight ist ein Concept Car von
‎‎Der 2011er MILA Aerolight ist ein Concept Car von

Vorzügliche Puch-Mopeds machen es heute für junge Leute erschwinglich, in dieser Szene mitzuziehen, während vor allem die Puch Maxi auf allen unseren Straßen weiterhin im Alltag vorkommen; obwohl die Grazer Zweiradproduktion in den 1980er Jahren eingestellt wurde.

Das ist ein Stück der opulenten Hintergrundgeschichte des Projektes „Mythos Puch“. Dazu kommen Aspekte der Popkultur und Inhalte einer Volkskultur in der technischen Welt. Das läßt sich in der Oststeiermark überdies mit dem einen oder anderen Stück Regionalgeschichte verknüpfen.

Wissens- und Kulturarbeit#

Die ersten Schwerpunkte von „Mythos Puch“ waren stark durch Ausstellungstätigkeit geprägt. Augenblicklich liegt der Fokus mehr auf Recherche und Archivarbeit. Viele Originaldokumente wurden während der 1990er Jahre in alle Winde verstreut oder sogar vernichtet. Es kann aber vielfach noch mit Menschen gesprochen haben, die in den Puchwerken tätig waren, die heute in ihren privaten Schuppen an interessanten Projekten arbeiten. Diese Leute sind heute zwischen Mitte 70 und Anfang 90, haben wertvolle Originalunterlagen aufbewahrt und können sie durch ihr Wissen ergänzen.

Meine bewegendste Session war bisher sicher die „Straße des 20. Jahrhunderts“, wie ich sie 2015 in Albersdorf realisieren konnte. Mir lag daran, hundert Jahre der Entwicklung mit exemplarischen Fahrzeugen vorzuführen. Durch ein paar besondere Leihgaben wurde daraus eine Zeitspanne anschaulich, die über hundert Jahre hinausreicht.

Mit dem Albl Phönix von 1902 durfte ich das älteste fahrbereite Auto aus Grazer Produktion zeigen. Am anderen Ende der Schau stand der Mila Aerolight, ein Grazer Konzeptfahrzeug aus dem Jahr 2011.

Diese Reihe an Stationen ist von einigen Buchpublikationen begleitet, zum Teil in Zusammenarbeit mit dem Kulturwissenschafter Matthias Marschik. Meine aktuelle Veröffentlichung ist keine kleine Kulturgeschichte des Steyr-Puch Haflinger (2019), in der auch die gesamte Puch-Story mitläuft. Dazu gibt es im Austria-Forum eine fortlaufende Serie von Notizen zum Thema: Wege und Abwege.

‎‎Mythos Puch 2016 in Hofstätten: die Praxis des Kontrastes. (Foto: Martin Krusche)
‎‎Mythos Puch 2016 in Hofstätten: die Praxis des Kontrastes. (Foto: Martin Krusche)

Kuratorium für triviale Mythen#

Energie, Mobilität, Strukturwandel, das sind Themen der Energieregion Weiz Gleisdorf. Mich hat dabei Mobilitätgeschichte in einem speziellen Zusammenhang interessiert: Volkskultur in der technischen Welt, wie sie Hermann Bausinger in seinem Standardwerk zum Thema gemacht hat.

Das entwickelte sich zu einem Interesse an den Verbindungen unter Volkskultur, Popkultur und Gegenwartskunst. Dabei spielt das „Kuratorium für triviale Mythen“ eine zentrale Rolle. Das hatte ich aus der laufenden Arbeit abgeleitet und im Jahr 2010 konstituiert. Die Sessions: