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(Foto: M. Krusche)
(Foto: M. Krusche)

Nahrung: Kraut und Rüben#

Hört man das gerne? Nein! Es ist keineswegs freundlich gemeint, wenn mir jemand sagt: „Bei dir ist ja alles Kraut und Rüben!“ Dabei wäre das ursprünglich eine gute Nachricht gewesen.

In der alten agrarischen Welt waren Weißkraut und Rüben zwei Arten des Massengemüses, womit Familien über den Winter kommen konnten, ohne Hunger leiden zu müssen. Das lag unter anderem daran, daß Kraut und Rüben gut konservierbar sind.

Durch ein Gären, bei dem bakterizide Milchsäure die Hauptrolle spielt, erhalten wir Sauerkraut, das bei uns nie aus der Mode kam. Anders mir den „Ruabn“. Ich hab in meiner vorigen Notiz von Rüben erzählt, die ich mir beschafft hab. Genauer: Saure Rüben, milchsauer vergoren, pasteurisiert, eßfertig.

Dafür konnte ich mich aber nicht begeistern, während ich ein ausgesprochener Sauerkraut-Fan bin. Vielleicht ein Hinweis darauf, daß Geschmacksneigungen aus Wahrnehmungserfahrungen kommen. Dabei waren nun saure Rüben für mich eine Neuigkeit, die ich eben spontan noch nicht mochte.

Wenn Sie gelegentlich Geselchtes und Sauerkraut essen, haben Sie es mit zwei alten Konservierungsmethoden zu tun. Neben dem Vergären zählt auch das Räuchern zu bewährten Verfahren, wie überdies der Luftabschluß. So ist es einst zum Verhackert gekommen, denn Fleisch ließ sich eßbar erhalten, wenn man es in Fett eingelegt hat. Das heißt: luftdicht verschlossen.

Das Konservierungsmittel (Fett) blieb freilich ebenfalls als Nahrungsmittel in Gebrauch, könnte man sagen. Heute etwa als Teil von Brettljausen. Die Gurkerl und Pfefferoni dazu erinnern daran, wie gut sich Essig zum Konservieren von manchen Lebensmitteln eignet.

Das ist heute alles so selbstverständlich, da kommen wir ohne Kopfzerbrechen aus. Aber Sie können in der Oststeiermark noch leicht Menschen treffen, die alt genug sind, um erlebt zu haben, daß es oft Mangel und manchmal Hunger zu ertragen gab. Was nun den Spruch von „Kraut und Rüben“ angeht, in einigen Quellen lese ich, daß die auch auf gemeinsamen Feldern angebaut wurden.

(Wilhelm Busch: Witwe Bolte)
(Wilhelm Busch: Witwe Bolte)

Dazu hatten die Leute früher offenbar einen anderen Bezug als heute. Man könnte sagen, die Metapher ist dann frei verfügbar geworden. Sie klingt ja etwas netter als zum Beispiel: Sauhaufen.

In Teilen unseres Nachbarlandes Deutschland wird Sauerkraut übrigens Sauerkohl genannt. Daran erinnert die vermutlich prominenteste Sauerkraut-Liebhaberin unserer Kultur, wie sie Wilhelm Busch gezeichnet hat. Unter anderem mit dieser Testpassage: „Eben geht mit einem Teller / Witwe Bolte in den Keller, / Daß sie von dem Sauerkohle / Eine Portion sich hole, / Wofür sie besonders schwärmt, / Wenn er wieder aufgewärmt.“