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Friedrich Ploiner (Red.): Der Wagram in alten Ansichten#

Bild 'Ploiner'

Friedrich Ploiner (Red.): Der Wagram in alten Ansichten. Von Absdorf bis Zaussenberg. Hg. vom Verein für Tourismus und Regionalentwicklung. Edition Winkler-Hermaden Schleinbach. 132 S., ill. € 26,90

Der Wagram ist eine steile, weithin sichtbare Geländestufe aus eiszeitlichem Löss im Südwesten des niederösterreichischen Weinviertels. Zu der für ihren Weinbau bekannten Region zählen neun Gemeinden - Absdorf, Fels am Wagram, Grafenwörth, Großriedenthal, Großweikersdorf, Kirchberg am Wagram, Königsbrunn am Wagram, Stetteldorf am Wagram und Tulln an der Donau - mit 52 Katastralgemeinden. Dieses Buch stellt alle in Text und Bild vor. Der Autor Friedrich Ploiner, Obmann des Vereins für Heimatforschung Grafenwörth und Vorstandsmitglied der Region Wagram, hat gemeinsam mit Vereinsmitgliedern geforscht un oft Unbekanntes entdeckt. Geschichte und Geschichten sind nun hier versammelt und mit vielen alten Ansichten illustriert. Durch die Zusammenarbeit vieler Interessierter ist ein buntes Mosaik entstanden, wie es mit Zitaten aus nur einer Quelle nicht zu erreichen wäre.

In fast allen Orten gab es schon früh Ansichtskarten. Einst dienten sie der Selbstdarstellung und für Grüße aus der Sommerfrische. Heute sind sie wertvolle Bildquellen. 1869 führte Österreich-Ungarn weltweit die ersten Correspondenzkarten ein. Sie hatten eine Normgröße (etwas kleiner als heute) und aufgedruckte Briefmarken. Eine Seite war für die Adresse reserviert, die andere bot (später) Platz für Bilder und einen kurzen Text. Gerne wurden mehrere Ansichten lokaler Sehenswürdigkeiten, wie Kirche, Schule oder Bahnhof auf einer Karte, umgeben von phantasievollen Dekorationen, kombiniert. Die 1837 patentierte Chromolithographie war für die Reproduktion von Kunstwerken mit bis zu 25 Farben gedacht. Um 1871 ermöglichten Steindruck-Schnellpressen höhere Auflagen. Nun war der Phantasie der spezialisierten Firmen keine Grenzen gesetzt und jedes Dorf konnte seine eigenen Karten drucken lassen.

Die ersten Beispiele im Buch zeigen das dörflich aussehende Absdorf anno 1899. Obwohl schon seit zwei Jahrzehnten ein Anschluss an die Franz-Josefs-Bahn bestand, wirkt die heutige Marktgemeinde nostalgisch: Vor dem Hauptplatz mit der Pfarrkirche und der alten Schule tummelt sich eine Gänseschar in der Schwemme. Der nördlich gelegene Gemeindeort Absberg ist von Kellergassen bestimmt. Eine Grußkarte zeigt das in den Wagram gegrabene "Naherholungsgebiet der Männer".

Fels am Wagram besteht aus den Orten Gösing, Stettenhof und Thürnthal. În den letzteren bestehen Schlösser, in Gösing gab es ein Karmeliterkloster. Während das Felser Schloss, das als Offizierscasino und Ersatzkirche diente, zum Museum und Vereinszentrum adaptiert wurde, wird jenes in Thürnthal bereits seit drei Jahrzehnten renoviert. Das Kloster war schon im 17. Jahrhundert so baufällig, dass man es als Steinbruch für Wohnhäuser nutzte. Am Wagram existieren zahlreiche Erdställe, einer ist in Gösing zugänglich.

Grafenwörth (mit Feuersbrunn, Jettsdorf, Seebarn, St. Johann und Wagram) war schon früh als Sommerfrische bekannt. Wiener Urlauber nützten gerne die Badeanstalt am Mühlkamp. Die Eder-Mühle in Grafenwörth bestand bis 1999. Noch in den 1990er Jahren war sie eine der größten des Landes. 45 Mitarbeiter verarbeiteten täglich bis zu 120 Tonnen Getreide.

Großriedenthal besteht aus Neudegg und Ottenthal. Der, 1140 urkundlich erwähnte, Ort Neudegg kann eine 700-jährige Weinkultur nachweisen. Über die Kirchturmuhr von Ottenthal gibt es eine nette Geschichte: Als sie in den 1980er Jahren erneuert wurde, erbat sich die Familie, die sie Generationen lang betreut hatte, das alte Werk. Später gelangte es als Schaustück in ein Berliner Restaurant - und funktioniert noch immer.

Zu Großweikersdorf gehören Ameisthal, Baumgarten am Wagram, Großwiesendorf, Kleinwiesendorf, Ruppersthal und Tiefenthal. 1900 beschwerte sich ein Wirt beim "Illustrierten Wiener Extrablatt" über Ameisthal als "Ortschaft im Kothmeere". Die unbefestigte Landstraße war nicht befahrbar, sodass er keinen Wein einkaufen konnte. Einmal musste er zwei Buben retten, die sich aus dem Morast nicht befreien konnten. Aus Ruppersthal, wo die gängige Weinsorte "Reifler" gedieh, berichtete die "Oberhollabrunner Zeitung": Die Kaiserjäger unter ihrem Oberst Erzherzog Ferdinand Karl marschierten durch den Ort. Ein Wirtschaftsbesitzer namens Bauer bot dem hohen Herrn ein Glas seines Weines an. Bauer freute sich über das Lob und bewahrte das Weinglas als Ehrenstück auf.

Zu Kirchberg am Wagram gehören Altenwörth, Dörfl, Engelmannsbrunn, Gigging, Kollersdorf, Mallon, Mitterstockstall, Neustift im Felde, Oberstockstall, Sachsendorf, Unterstockstall und Winkl. Die Marktgemeinde hatte durch das Bezirksgericht und das Gefängnis keinen guten Ruf. Hingegen durfte sich Neustift im Felde rühmen, dass Kaiser Leopold I. anno 1683 dort frühstückte. Die Freude der Bewohner hielt sich aber in Grenzen, weil sie 150 Wagen und 600 Pferde einstellen musste, was sie als "fürchterliches Übel" empfanden.

Königsbrunn am Wagram umfasst auch Bierbaum am Kleebühel, Frauendorf an der Au, Hippersdorf, Utzenlaa und Zaussenberg. In Bierbaum entdeckte man 1955 beim Graben eines Kellers den damals größten Münzschatz Niederösterreichs. Er bestand aus 12 Kilo Silbermünzen aus dem 14. Jahrhundert. Der ehrliche Finder übergab sie dem Landesmuseum.

Stetteldorf am Wagram besteht aus Eggendorf am Wagram, Inkersdorf und Starnwörth. Stetteldorf liegt an der Stockerauer Straße, am östlichen Ausläufer des Wagram. Die Marktgemeinde ist seit Beginn Mitglied des Vereins für Tourismus und Regionalentwicklung "Region Wagram". Diese Kooperation der Gemeinden zur Regionalentwicklung, Kultur- und Tourismusförderung besteht seit 1999 und hat auch dieses ansprechende Buch herausgegeben. Die Bezirkshauptstadt Tulln an der Donau beschließt die Rundreise. Schon die Römer nutzten die Lage an der Donau, stationierten die Garnison Comagena und blieben bis ins 5. Jahrhundert. In Nitzing, das mit Frauenhofen, Langenlebarn, Mollersdorf, Neuaigen, Staasdorf und Trübensee zu den Katastralgemeinden zählt, erhebt sich ein römischer Meilenstein an seinem ursprünglichen Standort. Er befindet sich in der Nähe des "Draken-Kreisverkehrs", der an den Militärflughafen in Langenlebarn erinnert. Markante Bauwerke in Tulln sind die im Zuge des Bahnbaus entstandene Donaubrücke, das aus einer privaten Anstalt hervorgegangene - viertgrößte - Krankenhaus Niederösterreichs und die Zuckerfabrik. Seit 2017 ist Tulln Bezirkshauptstadt. Der Bezirk umfasst auf 749 km² 19 Gemeinden mit 162 Katastralgemeinden und rund 107.000 Einwohnern.

hmw